Irans Präsident im Exklusiv-Interview: Die Rhetorik der Täuschung und die nukleare Drohkulisse

Ein Gespräch, das aufklären soll und doch mehr Fragen aufwirft. Der iranische Präsident Massud Peskian stellte sich den Fragen des amerikanischen Journalisten Tucker Carlson. Das Ergebnis ist ein Meisterstück der diplomatischen Vieldeutigkeit, ein rhetorischer Tanz zwischen Beschwichtigung und kaum verhohlener Drohung. Während Peskian versucht, dem Westen ein gemäßigtes Gesicht des Iran zu präsentieren, entlarven seine Antworten bei genauerer Betrachtung eine tief sitzende Feindseligkeit und eine strategische Verschleierungstaktik, die insbesondere das iranische Atomprogramm umgibt.

Im Zentrum des Interviews stand die berüchtigte Parole „Tod für Amerika“. Für westliche Ohren eine unmissverständliche Kriegserklärung, für Peskian lediglich ein Missverständnis. „Wenn sie ‚Tod für die Vereinigten Staaten‘ sagen, meinen sie nicht den Tod für das amerikanische Volk oder gar für die Beamten“, erklärte der Präsident. Vielmehr sei es ein Ruf gegen „Verbrechen, Morden und Gemetzel“, gegen „Unsicherheit und Instabilität“ und sogar gegen „Mobbing“. Eine erstaunliche Umdeutung, die den Slogan seiner potenziellen Gefahr berauben soll. Doch die Frage bleibt: Wenn eine Nation systematisch gegen globale Instabilität protestieren möchte, warum kanalisiert sie diesen Protest in einer so aggressiven und spezifisch adressierten Form?

Peskian zeichnet das Bild eines friedliebenden Irans, der in den letzten 200 Jahren nie ein anderes Land überfallen habe. Auf die Frage, ob Iraner jemals Amerikaner getötet hätten, weicht er aus und lenkt das Gespräch geschickt auf einen gemeinsamen Feind: den IS. Er zitiert eine Aussage von Barack Obama, wonach der IS ein „direkter Auswuchs von Al-Qaida im Irak“ sei, der aus der US-Invasion hervorging. Daraus konstruiert Peskian den Vorwurf, die USA hätten den IS „erschaffen“ – eine populistische Verkürzung, die die Verantwortung für den regionalen Terrorismus allein dem Westen zuschiebt und die destruktive Rolle iranisch unterstützter Milizen im Irak und in Syrien ausblendet. Geheimdienstberichte und militärische Analysen belegen seit Langem, dass vom Iran ausgerüstete und ausgebildete Kräfte für den Tod zahlreicher US-Soldaten im Irak verantwortlich sind. Eine Realität, die im Interview unerwähnt bleibt.

Ein weiterer heikler Punkt: die von iranischen Ayatollahs gegen Donald Trump und Benjamin Netanjahu ausgesprochenen Fatwas. Peskian spielt deren Bedeutung herunter. Es handle sich nicht um einen direkten Tötungsaufruf, sondern um eine „Verurteilung der Beleidigung einer Religion“. Die Fatwa sei nicht gegen Individuen gerichtet. Doch die Fakten sprechen eine andere Sprache. Die Fatwa des hochrangigen Klerikers Makaram Shirazi definiert jeden, der den Führer der islamischen Gemeinschaft bedroht, als „Muharib“ – einen Feind Gottes. Die Strafe dafür reicht von Verbannung bis hin zur Todesstrafe. Auch wenn Trump und Netanjahu nicht namentlich genannt werden, ist der Kontext – die wiederholten Drohungen des „amerikanischen Präsidenten und des zionistischen Regimes“ – unmissverständlich.

Immer wieder schiebt Peskian die Verantwortung für die eskalierenden Spannungen auf Israel und insbesondere auf Benjamin Netanjahu. Dieser habe die Diplomatie „zerstört“ und wolle die USA in einen „ewigen Krieg“ ziehen. Diese Argumentation zielt klar auf ein westliches Publikum ab, das kriegsmüde ist und die Nahost-Politik der USA zunehmend kritisch sieht. Peskian versucht, einen Keil zwischen die USA und ihren engsten Verbündeten in der Region zu treiben, indem er Washington als potenziellen Friedensstifter darstellt, der von Israel instrumentalisiert wird. Die Tatsache, dass die USA von den israelischen Angriffsplänen auf iranische Atomanlagen wussten und diese offenbar duldeten, während sie gleichzeitig mit Teheran verhandelten, wird von Peskian als Beweis für die israelische Sabotage der Diplomatie angeführt – und nicht etwa als Zeichen einer koordinierten Strategie des Westens.

Die vielleicht entlarvendsten Momente des Gesprächs betreffen das iranische Atomprogramm. Auf die Frage, warum der Iran seine Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) aufgekündigt hat, antwortet der Präsident mit einer bemerkenswerten Logik: Die Angriffe der USA und Israels hätten die Atomanlagen so schwer beschädigt, dass Inspektionen derzeit unmöglich seien. „Wir müssen abwarten und sehen, wie stark sie beschädigt wurden, damit wir die Überwachung durchführen können“, so Peskian. Dies klingt wie eine fadenscheinige Ausrede. Anstatt maximale Transparenz anzubieten, um die angeblich friedliche Natur des Programms zu beweisen, nutzt Teheran die Angriffe als Vorwand, um internationale Beobachter fernzuhalten.

Genau hier liegt der Kern des Problems, den das Interview unfreiwillig offenlegt. Kritische Fragen bleiben aus: Warum reichert der Iran Uran auf 60 Prozent an – ein Reinheitsgrad, der weit über zivile Bedürfnisse hinausgeht und nur einen kleinen technischen Schritt von Waffenfähigkeit entfernt ist? Warum wurden geheime, unterirdische Anreicherungsanlagen wie Fordo gebaut, die offensichtlich darauf ausgelegt sind, militärischen Schlägen standzuhalten? Ein wahrhaft friedliches Programm bräuchte weder eine solche Heimlichtuerei noch eine derartige militärische Absicherung.

Das Interview mit Massud Peskian ist somit weniger eine Quelle der Aufklärung als vielmehr eine Demonstration iranischer Staatskunst. Es ist der Versuch, durch gezielte Rhetorik, das Auslassen von Fakten und die Schuldzuweisung an andere die Welt über die wahren Absichten Teherans im Unklaren zu lassen. Die Botschaft an den Westen lautet: Wir sind offen für Gespräche, aber nur zu unseren Bedingungen. Und während wir reden, läuft die Zeit – und die Zentrifugen – weiter.