Diplomatische Eiszeit nach Alaska: Putins Kehrtwende lässt Trumps Friedensplan zerbröckeln

Nach hoffnungsvollen Signalen aus Alaska rudert der Kreml bei zentralen Verhandlungspunkten zurück. Sicherheitspakte, Gipfeltreffen, Gebietsfragen – Russlands Hinhaltetaktik stellt die Friedensbemühungen von Donald Trump infrage.

Eine hyperrealistische, dramatische Szene im Stil eines politischen Thriller-Posters. Ein polierter Mahagoni-Konferenztisch steht in einem düsteren, kalten Raum, der an einen Bunker erinnert. Im Vordergrund, im Fokus, steht ein Schachbrett. Auf der einen Seite stehen weisse Schachfiguren, die dezent mit den Flaggen der USA und der Ukraine verziert sind. Sie sind ordentlich aufgestellt. Auf der gegenüberliegenden Seite bewegen sich schwarze Figuren, die mit der russischen Flagge markiert sind. Eine schattenhafte, nicht erkennbare Hand, die aus dem Dunkel kommt, schiebt gerade einen schwarzen Springer nach vorne. Anstatt eine weisse Figur zu schlagen, stösst der Springer eine kleine, weisse Porzellan-Taube vom Brett, die in der Mitte platziert war. Die Taube ist gerade in der Luft, kurz davor, auf dem Boden zu zerschellen. Im unscharfen Hintergrund sind die Silhouetten von Politikern zu erahnen, die sich misstrauisch ansehen. Das Licht ist hart und kommt von einer einzigen Lampe über dem Tisch, was lange, bedrohliche Schatten wirft. Seitenverhältnis 16:9.

Eine Woche ist kaum vergangen, seit die Welt nach dem Gipfeltreffen in Alaska zwischen Wladimir Putin und Donald Trump vorsichtig aufatmete. Die Schlagzeilen sprachen von historischen Durchbrüchen, von greifbarem Frieden in der Ukraine. Doch der Optimismus schmilzt dahin wie arktisches Eis in der Sommersonne. Punkt für Punkt demontiert der Kreml nun die vermeintlichen Vereinbarungen und entlarvt die diplomatische Offensive als das, was ein russischer Kommentator treffend als „eine Hinhaltetaktik, in der unsere Führer recht geschickt geworden sind“, bezeichnete. Die Hoffnung auf eine schnelle, von Trump vermittelte Lösung weicht der ernüchternden Realität eines festgefahrenen Konflikts, dessen Protagonisten meilenweit von einem echten Kompromiss entfernt sind.

Die Diskrepanz zwischen amerikanischer Euphorie und russischer Nüchternheit könnte größer nicht sein. Während hochrangige US-Vertreter, allen voran der ehemalige Präsident Trump, von entscheidenden Schritten in die richtige Richtung sprachen, liefert der russische Außenminister Sergej Lawrow eine Lektion in diplomatischer Relativierung. Jeder amerikanische „Sieg“ wird aus Moskau mit einem entscheidenden „Aber“ gekontert, jede Zusage an bürokratische Hürden und unüberwindbar scheinende Vorbedingungen geknüpft.

Ein zentraler Punkt war die Möglichkeit eines direkten Gipfeltreffens zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, moderiert von Donald Trump. US-Außenminister Rubio pries Trump als den „einzigen Führer der Welt“, der beide Seiten an einen Tisch bringen könne, einen „Friedenspräsidenten“, auf den Amerika stolz sein sollte. Die Dringlichkeit schien greifbar, als Trump während der Gespräche mit europäischen Staats- und Regierungschefs aus dem Oval Office zum Hörer griff, um mit Putin die nächsten Schritte zu besprechen.

Moskaus Reaktion darauf fiel, gelinde gesagt, verhalten aus. Lawrow erstickte die aufkeimende Hoffnung im Keim. Zwar sei man prinzipiell nicht gegen bilaterale oder trilaterale Treffen, doch müsse ein solches „schrittweise vorbereitet werden, beginnend auf Expertenebene“. Verhandlungsteams müssten gebildet, Termine und Orte geklärt werden – ein Prozess, der Monate, wenn nicht Jahre dauern kann. Von der einst zur Schau gestellten Eile, mit der Putin nach Alaska reiste, ist nichts mehr zu spüren. Die Botschaft ist klar: Ein Treffen ja, aber nicht jetzt, vielleicht irgendwann, wenn die Bedingungen stimmen – Bedingungen, die Russland selbst definiert.

Noch gravierender wiegt die russische Kehrtwende bei den Sicherheitsgarantien für die Ukraine, dem wohl wichtigsten Anliegen Kiews. Der amerikanische Unterhändler Steve Wickoff hatte verkündet, man habe eine bahnbrechende Zusage errungen: Russland würde akzeptieren, dass die USA und europäische Nationen der Ukraine einen Schutzstatus gewähren, der dem NATO-Artikel 5 ähnelt – eine Beistandsgarantie im Falle eines Angriffs. Dies wäre in der Tat ein Paradigmenwechsel gewesen, der Kiews größter Sorge, der Verwundbarkeit gegenüber zukünftiger russischer Aggression, Rechnung getragen hätte.

Doch auch hier folgte das Dementi aus Moskau postwendend. Lawrow erklärte, Russland stimme Sicherheitsgarantien zwar zu, aber nur unter „gleichberechtigter Beteiligung“ von Ländern wie China, Großbritannien, Frankreich, den USA und – entscheidend – Russland selbst. „Sicherheitsgarantien ohne Russland ernsthaft zu diskutieren, ist ein Weg ins Nirgendwo“, fügte er hinzu. Die Absurdität dieser Forderung ist kaum zu überbieten: Der Aggressor will zum Garanten der Sicherheit seines Opfers werden. Ein Fuchs, der sich anbietet, den Hühnerstall zu bewachen. Damit wäre jede westliche Sicherheitsgarantie de facto einem russischen Veto unterworfen und somit wertlos.

Die Verwirrung setzt sich bei der Definition der eigentlichen Kriegsursachen fort. In einem Interview erklärte Donald Trump, die Hauptgründe für den Konflikt seien Kiews Wunsch nach einem NATO-Beitritt und die Forderung nach Rückgabe der Krim gewesen – beides aus russischer Sicht „unmögliche“ Forderungen. Trump zeigte dabei sogar ein gewisses Verständnis für die russische Position, wonach man den „Gegner“ nicht an der eigenen Grenze haben wolle.

Ironischerweise widerspricht die russische Darstellung dieser Analyse inzwischen selbst. Während Trump noch die NATO-Erweiterung als roten Faden des Konflikts sieht, hat der Kreml dieses Narrativ weitgehend aufgegeben – wohl auch, weil die Realität es überholt hat. Mit dem NATO-Beitritt Finnlands hat Russland bereits eine massive Verlängerung seiner Grenze zum westlichen Militärbündnis hinnehmen müssen, ohne dass dies zu der von Moskau prophezeiten Eskalation geführt hätte. Stattdessen erklärte Lawrow kürzlich, das Hauptziel der Föderation sei nicht die Eroberung der Krim oder des Donbas, sondern der „Schutz des russischen Volkes“. Welche der vielen, sich ständig ändernden Begründungen gerade gültig ist, scheint von der Tagesform im Kreml abzuhängen.

Selbst russische Militärblogger und nationalistische Hardliner, die einen Sieg Russlands herbeisehnen, zeigen sich von den Verhandlungen unbeeindruckt. Igor Girkin, ein ehemaliger Militäroffizier, der derzeit unter Hausarrest steht, bezeichnet den gesamten Friedensprozess als „totgeboren“ und reine Zeitverschwendung. Er analysiert die vorgeschlagenen Gebietsaustausch-Szenarien – etwa den von Wickoff ins Spiel gebrachten Tausch von Saporischschja und Cherson gegen den restlichen Donbas – und kommt zu dem Schluss, dass keine Seite einem solchen Handel zustimmen würde, da beide dabei als Verlierer dastünden. „Derzeit ist weder Russland noch die Ukraine bereit, eine Niederlage einzugestehen“, schreibt er. „Also werden sie einem solchen Deal nicht zustimmen.“

Seine Prognose ist düster: Trump werde am Ende entweder Putin, Selenskyj oder beide für unbelehrbar erklären, Amerika werde sich zurückziehen und es den Europäern überlassen, die Scherben aufzukehren. Ein anderer einflussreicher Militärblogger, Military Informant, pflichtet ihm bei: „Es gibt absolut keine Garantien, dass persönliche Gespräche die Positionen der Parteien aus einer Pattsituation herausbewegen werden.“ Keine der beiden Nationen befinde sich in einer Situation, die zu radikalen Zugeständnissen zwinge.

Die Ereignisse der letzten Tage zeichnen das Bild eines diplomatischen Theaters, bei dem die amerikanische Seite mit aufrichtiger, vielleicht naiver Hoffnung auf die Bühne trat, während die russische Seite das Stück nur nutzt, um Zeit zu gewinnen und den Westen zu spalten. Donald Trumps Ansatz, persönliche Beziehungen und schnelle Deals über komplexe geopolitische Realitäten zu stellen, prallt an der zynischen und methodischen Vorgehensweise des Kremls ab. Die anfänglichen Erfolgsmeldungen aus Alaska erweisen sich bei näherem Hinsehen als eine Fata Morgana. Der wahre Ausgang dieses Krieges, so scheint es, wird nicht in klimatisierten Konferenzräumen entschieden, sondern weiterhin auf den schlammigen Schlachtfeldern der Ostukraine.